Rede in einem deutschsprachigen Gottesdienst
Die folgende Rede schlage ich vor, in einem deutschsprachigen Gottesdienst in Torrox (El Morche) zu halten. Es ist ein Entwurf, Änderungen sind möglich und wahrscheinlich. Ich begleite diese Gottesdienste zur Zeit jeden Samstag mit meiner Klaviermusik. Für die Zeit ab September 2026 sucht die Gemeinde eine/n neue/n Musiker/in, da ich dann nicht mehr in Südspanien bin. Viele Gottesdienstbesucher/innen wissen aber noch nichts von meinen Plänen...
Inzwischen habe ich mit dem Pastor gesprochen. Wir kamen überein, dass ich schaue, ob ich die Rede kürzen mag und die Rede im Anschluss an einem Gottesdienst halten kann, so dass anschließend darüber diskutiert werden kann. Dabei solle ich mich auch auf Kritik einstellen. Er selbst wolle so nicht leben.
Seine Reaktion hilft mir, meine Rede zu überarbeiten. Denn sie soll ja nicht abschreckend sondern einladend wirken. Ich denke an folgende Änderungen:
- Jede/r möge bei sich schauen, welche Änderungen im Lebensstil gut mit der eigenen Lebensqualität vereinbar sind. Mit den erwähnten Maßnahmen möchte ich veranschaulichen , was einfache Lebensweise in meinem Leben bedeutet, ich erwarte nicht dass sie so übernommen werden.
- Die Verbindung mit dem christlichen Glauben mag provozierend wirken, ich überlege ob ich sie besser rüberbringen kann.
- Eher nicht von einer "anderen Welt" reden, um nicht unnötig Distanz zu schaffen.
ich werde demnächst eine neue Version schreiben und hier verlinken.
Liebe Gemeinde, in meinem Leben steht eine Veränderung an. Ich möchte mehr aus meinem Leben machen. Ich glaube, ich habe die Möglichkeit, einen größeren Einfluss auf die Öffentlichkeit zu nehmen. Diese Chance möchte ich nutzen. Ich denke, es wird auch mir gut tun. Nach der Sommerpause im nächsten Jahr, also ab September 2026, stehe ich daher hier in den Gottesdienstes nicht mehr zur Verfügung. Wenn jemand eine Musikerin oder einen Musiker kennt mit der Möglichkeit die Gottesdienste hier in Zukunft zu begleiten, dann wendet euch bitte an Wilfried oder mich.
Ich möchte euch nun ein wenig erklären, was ich vorhabe und warum das alles. Denn es hat auch etwas mit meinem christlichen Glauben zu tun. Es fällt mir schwer, euch meine Anliegen nahe zu bringen, denn ich fühle mich manchmal in einer ganz anderen Welt. Doch ich will es versuchen, will versuchen eine Brücke zwischen den Welten zu bauen.
Die Testphase
Von Juli bis November 2026 werde ich ein Experiment durchführen: eine Wanderung von Norddeutschland nach Südspanien, etwa vier Monate lang. Wenn mir das Wanderleben Spaß macht, werde ich mich entscheiden dauerhaft zu wandern und ab etwa Februar 2027 von Südspanien zurück nach Norddeutschland wandern. Meine Finca und fast mein gesamtes Hab und Gut möchte ich dann einem guten Freund überlassen und ihn im Winter gelegentlich besuchen.
Was ich mitnehme
Je weniger Gewicht auf den Rücken lastet, desto angenehmer lässt es sich wandern. Ich nehme also nur ganz wenig Sachen mit, zum Beispiel keinen Teller, keinen Topf, nur eine Plastikdose, ein kleines Messer und einen kleinen Löffel fürs Essen. Ich erhitze mein Essen also nicht, esse vieles roh, auch viele Früchte und Wildkräuter, die ich unterwegs finde. Zum Schlafen nehme ich kein Zelt mit sondern ein Tarp, also eine Plastikplane, die ich mit Schnüren im Regenfall über dem Schlafplatz aufspanne, außerdem eine Isomatte, zwei Sommerschlafsäcke und ein Baumwollinlet, so dass ich je nach Temperatur flexibel bin. So mache ich es schon seit 25 Jahren bei vielen Wanderungen. Im Jahr 2005 bin ich so auch schon mal von Süddeutschland bis hierher nach Südspanien gewandert.
Um etwas Abwechslung zu haben, möchte ich nebenbei mit meinem Smartphone im Internet über meine Erlebnisse berichten und für eine einfachere Lebensweise werben, wie auch bei Veranstaltungen und in Gottesdiensten in Kirchen, an denen ich unterwegs vorbei komme. Dort will ich dann auch meine Musik anbieten und einladen, streckenweise mit mir mitzuwandern.
Meine Motivation
Nun zu meiner Motivation. Warum möchte ich mein Leben derart umkrempeln? Ich habe hier in Spanien viele Aktivitäten begonnen und dabei meinen großen Garten vernachlässigt. Ich kann nicht alles gleichzeitig tun, was ich begonnen habe. Deshalb möchte ich meinen Garten aufgeben. Ich habe das Gefühl, dass mir regelmäßiges Wandern guttun wird.
Außerdem möchte ich ein Zeichen gegen das Streben nach Reichtum setzen, ein Zeichen für eine einfachere Lebensweise. Im Streben nach Reichtum sehe ich die Ursache vieler Probleme der Menschheit. Ich möchte dafür werben, Reichtum abzugeben und einfacher zu leben.
Warum einfacher leben?
Warum möchte ich für eine einfachere Lebensweise werben, was soll an einer einfacheren Lebensweise so gut sein?
Weltfrieden: Das Streben nach Macht und Reichtum führt zu Konflikten und Kriegen. Oft ist es nur die Gier der Machthaber, die ausschlaggebend ist. Doch Gier ist ansteckend. Sie breitet sich von der Bevölkerung auf die Machthaber aus. Eine Bewegung für eine einfache Lebensweise wird also den Weltfrieden fördern.
Klimaschutz: Wissenschaftler sind sich weitgehend einig, dass klimaschädliche Gase noch häufigere und größere Katastrophen verursachen werden, als wir sie heute schon erleben. Eine Reduzierung dieser Gase ist dringend nötig. Leider scheitert dies oft an wirtschaftlichen Interessen. Wohlstand ist vielen Wählern und Wählerinnen wichtiger als Klimaschutz. Eine Bewegung für einen einfachen Lebensstil kann daher den Klimaschutz fördern.
Lebensqualität: Studien zeigen, dass Menschen in reicheren Ländern glücklicher sind als in ärmeren. In reicheren Ländern wird das Streben nach Reichtum teilweise schon befriedigt. Dieses Streben kann durch die Hinwendung zu einem einfacheren Lebensstil weiter reduziert werden. Zudem fördert beispielsweise der freiwillige Verzicht auf ein Auto die Gesundheit durch mehr Bewegung und weniger Abgase.
Wie kann man einfacher leben?
Mit einem einfachen Lebensstil meine ich vor allem, wenig einzukaufen. Das bedeutet nicht Entbehrung und Leiden. Ich möchte die Botschaft verbreiten, dass wir mit weniger Einkaufen angenehmer leben können. Ich zähle mal ein paar Beispiele auf. Sie sind für viele von euch nicht umsetzbar, aber für einige eben doch, ansonsten für eure Kinder und Nachkommen.
Es geht mir darum, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass sich die Lebensweise in unserer Gesellschaft dringend ändern muss, wenn wir es ernst meinen mit unseren christlichen Werten, mit sozialem Ausgleich, Generationen-Gerechtigkeit und Frieden. Diese Ziele hängen nicht nur von den Entscheidungen der Politiker ab, sondern auch von der Lebensweise eines jeden Menschen. Ich möchte euch aber nicht unter Druck setzen, liebgewonnene Gewohnheiten zu ändern, sondern einladen zu entdecken, welche Änderungen machbar sind und die angenehmen Folgen zu erkennen.
Lebensmittel sind gesünder und oft auch schmackhafter, wenn wir sie in der Natur sammeln oder im Garten ernten . Das schont auch das Klima und die Umwelt.
Toilettenpapier ist aufgrund seines hohen Verbrauchs eine erhebliche Umweltbelastung. Ich ersetze es durch Wasser. Es ist außerdem hygienischer als Toilettenpapier. Mit Wasser wird der Po schonender und gründlicher gereinigt als mit trockenem Klopapier. Wir waschen uns ja sonst auch immer mit Wasser. Bei mit kommt jedenfalls immer Wasser aus der Dusche und kein Klopapier. Bei unserem Hintern ist es aber besonders wichtig dass er nach dem "großen Geschäft" sauber wird. Und das gelingt besser mit Wasser. Sollen wir also ein Bidet kaufen und im Badezimmer installieren lassen? Es geht einfacher. Meine Lösung zum Po-Putzen ist ein Schlauch im Garten, auf der Wanderung eine Plastikflasche mit Wasser.
Übrigens sehe ich beim Wandern oft Toilettenpapier und gewisse braune Häufchen am Wegesrand. Und oft rieche ich es auch. Darum grabe ich mir mit einem Stock oder Stein ein Loch, wenn ich unterwegs ein "großen Geschäft" machen muss.
Kleidung: Die finde ich meistens im Müll oder bekomme sie von Freunden geschenkt. Okay, das kommt nicht in Frage? Dann ist Secondhand-Kauf, zum Beispiel auf einem Flohmarkt, eine umweltfreundliche und günstige Lösung.
Papiertücher oder Putzmittel: Wasser reicht zum Putzen. Und je kleiner die Wohnung, desto weniger Putzarbeit muss man leisten. Also, Putzen ist nicht gerade meine Stärke...
Werkzeug, Fahrrad usw.: Das kaufe ich überwiegend gebraucht. Ich habe kein Auto, ich transportiere alles mit dem Fahrrad und habe keine Probleme damit. Und ab dem kommenden Sommer mache ich wie gesagt alles zu Fuß.
Christliche Motive
Was hat das alles nun mit meinem christlichen Glauben zu tun?
Nächstenliebe: Der Aufruf zu einem einfacheren Leben ergibt sich aus der Nächstenliebe. Wenn wir hier Dinge einkaufen, die wir eigentlich nicht brauchen und die unsere Lebensqualität eigentlich nicht bereichern, während an vielen anderen Orten auf der Erde Menschen sich sorgen müssen, ob sie genug zu essen bekommen, ist unser Gerede von Nächstenliebe nicht wirklich überzeugend. Denn unsere Nächsten, das sind heutzutage nicht nur die Menschen denen wir direkt begegnen.
Wir müssen unterscheiden: Als vor 2000 Jahren Jesus in Israel predigte, wussten die Menschen dort nichts über die Geschehnisse in Afrika, Asien, Europa oder Amerika. Es gab keinerlei Informationen über diese fernen Gegenden. Das ist heute anders. Im Fernsehen und Internet sehen und lesen wir immer wieder Berichte über Hungerkatastrophen in fernen Ländern. Und wir können innerhalb weniger Minuten helfen, indem wir zum Beispiel eine Spende an eine Hilfsorganisation wie Brot für die Welt überweisen. Die Welt ist uns dank Fernsehen und Internet näher gerückt, Menschen in fernen Ländern sind nun unsere Nächsten.
Aufrufe Jesu: Jesus ruft laut dem Neuen Testament immer wieder direkt zu einem einfachen Lebensstil auf. So heißt es in der Bergpredigt im Lukas-Evangelium: "Selig sind die Armen, denn ihnen gehört das Himmelreich." Bei Lukas erzählt Jesus vom Lazarus, der von den Essensresten lebt, die bei einem reichen Menschen vom Tisch fallen. Und wir kennen auch den Spruch dass eher ein Kamel durch ein Nadelöhr kommt als ein Reicher ins Himmelreich. Anschließend schränkt Jesus ein: "Bei Gott ist alles möglich." .Das macht den Aufruf, Reichtum abzugeben aber nicht ungültig. Ich finde, die christlichen Kirchen täten gut daran, sich diese Aufrufe erneut bewusst zu machen.
Kirchliche Aktionswochen: Was können wir als Kirchengemeinden nun tun? Ich schlage vor, dass wir eine Woche der nachhaltigen Mobilität ausrufen, in der wir Fahrräder reparieren und unsere Wege möglichst zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Bus zurücklegen, vielleicht auch in der Presse für nachhaltige Mobilität werben. Eine weitere Woche könnte frei von Alkohol sein. Dann eine Woche der Lebensmittel aus dem Garten, usw. So machen wir deutlich: Glaube ist mehr als Vertrauen und Beten, Glaube ist auch ein von Liebe geleitetes Leben, Glauben und Tun gehören zusammen.
Natürlich haben wir unsere Grenzen. Vor allem im fortgeschrittenen Alter können wir oft nicht mehr mit dem Fahrrad oder zu Fuß einkaufen usw. Doch gerade dann ist es gut, noch das zu tun, wozu wir im Stande sind.
Wo ist der Himmel: Ich möchte zum Abschluss betonen, dass eine einfache Lebensweise unser Leben nicht beeinträchtigen, sondern bereichern soll. Es ist eine Befreiung, den Einkauf mit der eigenen Muskelkraft zu erledigen und die Lebensmittel in der Natur oder im Garten zu sammeln. Es fühlt sich gut an, nachhaltig zu leben, also so zu leben, dass ärmere Menschen davon profitieren und das Klima für zukünftige Generationen erträglich bleibt. Was ich ein gutes Gefühl nenne, ist nach meiner Überzeugung das Himmelreich, von dem Jesus sagt: Das Himmelreich ist bereits mitten unter uns.

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